18.01.2011 – (Artikel aus dem Archiv der alten FA)
Leonberg. Ein EU-Überwachungsprojekt sorgt für rasende Empörung unter Datenschützern und Menschenrechtlern. Die Rede ist von Indect, einer Bündelung bestehender Überwachungstechnologien, zu einem enormen Kontrollinstrument. Die lückenlose Überwachung der EU-Bürger zum eigenen Schutz soll somit gewährleistet werden.
Die Zeiten in denen man anonym durch die Städte schlendern konnte scheinen vorbei. Indect, ein Akronym für Intelligent Information System Supporting Observation, Searching and Detection for Security of Citizens in Urban Environment, könnte bei Einführung anhand biometrischer Daten unsere Bewegungen in gesamt Europa verfolgen und eventuelle Gefahrenszenarien selbstständig erkennen, einschätzen und Gegenmaßnahmen ergreifen. Zur weiteren Überwachung gefährlicher „Individuen“ können zum Beispiel Drohnen eingesetzt werden, sogenannte UAV (unmanned aerial vehicle)
Indect soll auch in der Cyber-Welt aktiv werden und mit Suchroutinen das Internet scannen. So würde wahrscheinlich Alarm geschlagen, wenn eine Person im Internet nach der Bauanleitung von Bomben sucht. Auch soll sich das intelligente System in den Mailverkehr und die Chatverläufe von Verdachtspersonen einklinken können.
“Big brother is watching you”
Der 1949 erschienene Roman von Georg Orwell “1984” könnte als Romanvorlage für das EU-Überwachungsprojekt gedient haben. So bezeichnet die britische Zeitung Telegraph das Bestreben die Öffentlichkeit nach auffälligem Verhalten zu durchforsten, als „Orwellschen Plan“. Ein Wissenschaftler des Think Tanks „Open Europe“ kommt zu folgendem Fazit: “Das ist meiner Ansicht nach ziemlich beängstigendes Zeug. Das Projekt würde eine riesige Invasion in die Privatsphäre bedeuten und die Bürger sollten sich fragen, ob die EU wirklich ihre Steuergelder für so etwas ausgeben sollte.”
Aus Unschuldsvermutung wird Generalverdacht
„Jeder Mensch, der einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, ist solange als unschuldig anzusehen, bis seine Schuld in einem öffentlichen Verfahren, in dem alle für seine Verteidigung nötigen Voraussetzungen gewährleistet waren, gemäß dem Gesetz nachgewiesen ist.“ So steht es im deutschen Grundgesetzt, doch scheint der EU-Bürger immer mehr unter Generalverdacht gestellt zu werden. Aus der Unschuldsvermutung wird der Generalverdacht und Benjamin Franklin würde sich bei der Indect-Idee wohl im Grabe umdrehen, denn sein Zitat:
„Jene, die Freiheit aufgeben, um eine vorübergehende Sicherheit zu erwerben, verdienen weder Freiheit noch Sicherheit.“ Ist heute aktueller als je zuvor. Wehret den Anfängen!